DIE RATTEN… verlassen das sinkende Schiff
2011
Installation
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DIE RATTEN… verlassen das sinkende Schiff
Der Ausspruch „Die Ratten verlassen das sinkende Schiff“ ist eine Umschreibung der Tatsache, daß Ratten an Bord eines Schiffes versuchen, sich in Sicherheit zu bringen, wenn dieses – etwa aufgrund der Löcher, die sie selbst in den Rumpf genagt haben – unterzugehen droht. Der Sinn wird auf Menschen übertragen, die vor einer kniffligen oder gefährlichen Situation, die sie möglicherweise selbst verursacht haben, zu fliehen versuchen, wenn diese sich langsam abzeichnet.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Ratten
Die Ratten stehen in dieser Arbeit für mich an der Stelle der Gedanken und Ideen die mich beschäftigen, die Einflüsse von außen (die Ereignisse welche auf dieser Welt passieren und über welche wir über Berichterstattung informiert werden) und die Existenzängste die mich im Zuge meines künstlerischen Daseins immer wieder einholen. Diese, die Gedanken, verlassen mich auf der einen Seite, genauso wie die Einflüsse von außen, mich heimsuchen. Im Kontext zu den aktuellsten Begebenheiten entsteht ein Wirbel, ein Wechselspiel an Gedanken und Informationen welche Fragestellungen auslösen die mich als Einzelperson und Künstlerin zu Fall bringen können.
Darf ich, im Vergleich zu Erdbeben und Tsunami Katastrophen, verheerenden nuklearen Ereignissen, Leid bei
unschuldigen Menschen, Kriegsähnliche Zustände, etc. so egoistisch sein, mein künstlerisches Leben weiter wie gehabt zu planen? Daran denken wie es zu ermöglichen ist als Künstlerin von der Kunst zu leben? Müsste ich nicht viel eher auf die künstlerische Tätigkeit verzichten und mich anderen wichtigeren, menschlicheren Themen widmen? Wo wäre dann die richtige Positionierung, der Platz an welchem ich ein „besseres Leben“ führen kann? Wie sähe so ein „besseres Leben“ aus? Etc.
Diese Vielzahl der eigenen Gedanken und der Einflüsse von außen, lassen sich für mich am besten über die Vergänglichkeit des Zeitungspapiers ausdrücken. Jeden Tag erscheinen Neue Printmedien und das geschriebene Wort von gestern hat sich selbst durch ein wieder neues, aktuelles abgelöst. Ebenso wie die Gedankenwelt sich täglich neu formatiert. Ein Wechselspiel aus der eigenen Bildung, dem Festhalten an Werten und dem Zulassen von Einflüssen. Von allem Zuviel und der Mensch gerät ins Wanken. Was lässt man zu, wo möchte man weiterdenken, wo ist es angebracht sich mit zu verändern?
Der Mensch, der Künstler, ich, in diesem Fall wird in dieser Arbeit über das sinkende Schiff aus Filz interpretiert. Filz, weil das mein Medium ist, mit welchem ich arbeite. Filz aber auch, weil er formbar ist, so wie ich und meine Gedankenwelt formbar und weiter entwickelbar sind.
Kerstin Bennier | 2011
THE RATS… are leaving the sinking ship
The expression “The rats are leaving the sinking ship” refers to the phenomenon of rats fleeing a vessel that is in danger of sinking – sometimes, ironically, due to the very holes they may have gnawed into the hull. This phrase is commonly applied to people who attempt to escape a difficult or dangerous situation – often one they themselves helped create – once its collapse becomes apparent.
(Source: http://de.wikipedia.org/wiki/Ratten)
In this work, the rats symbolize my own thoughts and ideas, the overwhelming external influences (the events unfolding across the world that reach us through media reporting), and the existential anxieties that repeatedly accompany me in my life as an artist. These thoughts leave me just as new influences enter – creating a constant flux. In light of current events, a vortex emerges – a dynamic interplay of internal and external input – triggering questions that can shake me to the core, both personally and artistically.
Am I allowed, when faced with earthquakes and tsunamis, devastating nuclear disasters, human suffering, and warlike conditions, to be so selfish as to continue pursuing an artistic life as though nothing had changed? To focus on the question of how I might sustain myself through art? Shouldn’t I be setting art aside in favor of more urgent, humanitarian concerns?
And if so – where would I position myself? Where would be my place to live a “better life”? And what would such a “better life” even look like?
This mass of thoughts and external influences finds its most powerful expression, for me, in the transience of newspaper print. Every day brings new headlines. Yesterday’s words are already replaced by newer, more current ones – just as our mental landscape is constantly reformatted. It is a push-and-pull between personal education, holding onto values, and allowing outside forces to enter. Too much of everything – and a person begins to lose balance.
What do we allow in? What do we keep thinking through? Where is it appropriate to adapt, to change with the world?
In this piece, the figure of the artist – myself – is embodied in the image of a sinking ship made of felt. Felt is my medium of choice. But felt also stands for adaptability – just like my mind, my practice, and my way of being are shaped, reshaped, and constantly evolving.
Kerstin Bennier | 2011




pictures: © Andrea Peller